Quasimodogeniti - 11. April

Predigt zu Joh 21, 1-14 (Quasimodogeniti)

 

Die Ferien sind vorbei. Die Feiertage sind vorbei.

Ostern ist vorbei.

Jetzt ist Alltag - die Rückkehr zum ewig gleichen Trott mit den ewig gleichen Nachrichten, der ewig gleichen Mühsal, den ewig gleichen Problemen.

Auferstehung, Verwandlung, Neuaufbruch - alles schon wieder weit weg.

Wir sind zurück auf der Arbeit, in der Schule, am Schreibtisch oder hinter der Kasse.

Und machen das, was wir schon immer gemacht haben - wie wir es schon immer gemacht haben.

 

Die Jünger steigen ins Boot und gehen fischen - das ist, was sie können, das haben sie gelernt. Da fühlen sie sich sicher. Kein Risiko eingehen. Keine neuen Wege einschlagen - trotz Ostern. Lebenssieg statt Todesmacht - und trotzdem keine neuen Öffnungsstrategien.

Lieber bei dem bleiben, was vertraut ist - auch, wenn es festhält im Alten. Zurück führt in die Vergangenheit. Und schon absehbar hinein in weiteren Mangel. Ertrag ist keiner zu erwarten. Die Zeiten sind hart.

 

So steigen sie ins Boot - und in dieser Nacht fangen sie nichts.

 

Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. 5 Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. 6 Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. 7 Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See.

 

Da ist er - Jesus. Der Fürsorgliche. Der wahrnimmt mit allen Sinnen - und spürt. Die Enttäuschung. Wieder nichts - keine Aussicht auf Einkommen. Wieder leere Netze. Wieder geschlossene Läden.

Wozu noch arbeiten? Wozu noch hoffen? Wo bleiben die Überbrückungsgelder?

Wo bleibt die Öffnungsperspektive?

Wo bleibt die Lebensgrundlage?

 

Jesus steht am Ufer. Der Mutmacher. Der die Arbeit sieht, die Mühe - und sie wertschätzt. Der nicht einfach über den Mangel hinweggeht. Der die Rückschläge nicht schönredet.

Sondern sie aufdeckt: Habt ihr nichts zu essen?

Er kommt zum Kern, auf den Punkt.

Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes - da werdet ihr finden.

 

Jesus steht am Ufer. Der Hoffnungsträger. Der Perspektiven aufzeigt und Wege öffnet. Der Abhilfe schafft.

Keine leeren Worte, keine vagen Versprechungen.

Sondern Vertrauen: Petrus wirft sich in den See - blind, überschäumend, bedenkenlos.

Denn am Ufer steht Jesus, der Retter. Am Ufer wartet das Leben.

 

Nicht alle sind wie Petrus. Andere zögern, sind bedächtiger, verhalten.

Sie alle werden empfangen.

Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. 9 Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot.

 

Am Ufer steht Jesus - der Grillmeister. Fisch und Brot - Eiweiß und Kohlehydrate. Gesundes Essen, lebensfördernd. Alles, was der Mensch braucht zum Leben, zum Sattsein.

Das, was jetzt noch kommt - ist eins obendrauf.

Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! 11 Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.

 

153 Fische!

Anglerlatein? Oder doch einfach nur Fülle an Leben? Prall und doch handlebar - sprengt nicht unseren Rahmen, zerreißt keine Schutzschicht.

Aber führt zum Wesentlichen:

Denn wieder spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. 13 Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt's ihnen, desgleichen auch den Fisch.

Kommt - und haltet das Mahl!

Kommt - und frühstückt. Stärkt euch nach der durchwachten Nacht. Füllt euer Leben mit Kraft und neuem Mut nach der Zeit der Furcht, der Einschränkung, der Trennung.

Kommt - und esst - hier ist alles, was ihr braucht.

 

Eine handfeste Einladung - in einer Zeit, in der ich so vieles schmerzlich vermisse.

Einladungen zu Hause - Tischgemeinschaft mit Freunden, mit Ihnen, der Gemeinde.

Das Trinken aus dem einen Kelch, der unsere Leben miteinander verbindet.

Das Miteinander im Kreis von Glaubensgeschwistern, das uns als Versöhnte leben lässt.

Das Erzählen beim Kirchenkaffee, mit Keksen, süßem Gebäck - kleine Happen, aber verheißungsvoller Vorgriff auf die Gemeinschaft im Reich Gottes.

Ich vermisse das Pizzaessen mit den Konfirmanden. Die gemeinsamen Mahlzeiten auf der Konfifreizeit. Das zwanglose Miteinander beim Geburtstagsbesuch.

Die eigene Gastfreundschaft. Das spontane Treffen im Biergarten.

 

Kommt - und haltet Mahl!

In diesem Satz steckt meine ganze Sehnsucht - meine zerbrechliche Hoffnung auf einen neuen Frühling, ein neues Leben. Nachpandemisch. Nachösterlich.

Kommt - und haltet Mahl!

Das ist handfeste Aufforderung an alle Hungrigen. Tatkräftige Einladung an alle Zögerer:

Kommt - und haltet Mahl - das Fasten hat ein Ende!

 

Es ist ein langes Fasten gewesen - unser Fasten -

Sozialfasten. Ritualfasten. Gemeinschaftsfasten.

Und hat noch kein Ende.

Und doch steht Jesus schon am Ufer - und ruft uns zu:

Kommt und haltet Mahl!

 

Das letzte, sicherste, eindeutige Erkennungszeichen des Auferstandenen.

Die Gewissheit für Petrus: ich bin nicht umsonst ins kalte Wasser gesprungen.

Die Sicherheit für die Zauderer: das Risiko des Neuanfangs hat sich gelohnt.

Die Zusage für die Hoffnungsvollen: Ich gebe euch, was ihr wirklich braucht. Die Zeit der Angst ist vorbei.

 

Kommt und haltet Mahl!

Wir gehen in den Frühling - auch wenn das Wetter noch wechselhaft bleibt.

Wir gehen in die Öffnung - auch wenn die Umstände so viele Türen noch verschlossen halten.

Wir kommen jetzt schon zusammen, um geistig und seelisch Nahrung zu finden.

Auch unser Fasten wird ein Ende haben.

 

Wir sind wiedergeboren zu neuer Hoffnung auf einen neuen Anfang.

Im Normalmodus.

Und doch in neuer Zeit.

In der Jesus am Ufer steht.

Der Auferstandene.

Und uns zurück ins Leben ruft.

 

Amen.