3. Sonntag im Advent - 13. Dezember 2020

Predigt zu Lk 1, 67-79

Liebe Gemeinde,

glauben Sie das alles wirklich, was wir gerade gesprochen haben?

Glauben Sie wirklich an den Heiligen Geist? Daran, dass er Sie so richtig packen kann? Dass er Sie ergreift, von Ihnen Besitz nimmt und Sie nicht mehr loslässt?

Glauben Sie wirklich daran, dass der Geist Gottes Ihr Leben bestimmt?

Vielleicht sagen Sie jetzt: Das muss ich doch gar nicht glauben. Im Glaubensbekenntnis steht ja nur: Ich glaube an den Heiligen Geist. Und den wird es schon irgendwo irgendwie geben. Alles andere weiß ich nicht - und brauche ich auch nicht.

Und überhaupt: zu viel Geist ist ungesund. Leute, die glauben, sie wären Geist erfüllt, sind mir immer ein bisschen suspekt. Sie reden ziemlich wirres Zeug - und benehmen sich oft ganz merkwürdig. Da halt ich mir das Göttliche doch lieber auf Abstand - und fest an meinem gesunden Menschen-Verstand.

So wie das auch Zacharias getan hat. Sie erinnern sich? Der Priester Zacharias, der Mann von Elisabeth, Marias Cousine? Ich erzähle Ihnen mal die Geschichte.

Zacharias ist wie wir - ein frommer Mensch, der regelmäßig seinen Dienst versieht. Gott ist ein Teil seines Lebens, Teil seines Alltags. Aber keine Größe, mit der er wirklich rechnet. Zacharias ist ein Vernunftmensch. Und diese Vernunft sagt ihm, dass er und seine Frau zu alt sind für Kinder.

Er hat sich abgefunden damit - es ist Gottes Wille.

Doch dann: eine göttliche Botschaft. Engelerscheinung, die ihm den langerwarteten Sohn doch noch ankündigt.

Aber Zacharias hat sich festgelegt: Gott ist da, ja. Irgendwo. Aber er greift nicht ein. Die Welt funktioniert nach ihren eigenen Gesetzen. Das Leben ist ein Wechselbad aus  Krisen, Freuden und Enttäuschungen, die eben einfach passieren. Es gibt nicht immer einen Grund und nur selten einen Schuldigen. Krankheit und Tod sind der Lauf der Natur, und der Mensch ist eben einfach ein Teil davon. So ist das Leben nunmal.

Alles andere widerspricht jeder Lebenserfahrung. Und ist unglaubwürdig.

Also glaubt er nicht daran - und verstummt.

Nicht als Strafe. Aber als logische Folge. Denn Zacharias hat nichts mehr zu sagen. Sein Glaube ist stumm geworden. Gott ist nur noch eine ferne Größe. Mit ihm ist nicht mehr zu rechnen. Was also kann Zacharias von ihm erzählen? Was kann er von seinem Glauben noch weitergeben?

Sein Glaube hat seinen Esprit verloren.

Aber Gott sei Dank hängt Gottes Wirken nicht an unserem Glauben. Sondern es passiert - ohne dass wir es erkennen oder erwarten.

Und so kommt für Elisabeth die Zeit, da sie gebären sollte - und sie gebar einen Sohn. Und ihre Nachbarn und Verwandten hörten, dass der Herr große Barmherzigkeit an ihr getan hatte, und freuten sich mit ihr. Und es begab sich am achten Tag, da kamen sie, das Kindlein zu beschneiden, und wollten es nach seinem Vater Zacharias nennen. Aber seine Mutter antwortete und sprach: Nein, sondern er soll Johannes heißen. Und sie sprachen zu ihr: Ist doch niemand in deiner Verwandtschaft, der so heißt. Und sie winkten seinem Vater, wie er ihn nennen lassen wollte. Und er forderte eine kleine Tafel und schrieb: Er heißt Johannes. Und sie wunderten sich alle. Und sogleich wurde sein Mund und seine Zunge aufgetan, und er redete und lobte Gott.

Und es kam Furcht über alle Nachbarn; und diese ganze Geschichte wurde bekannt auf dem ganzen Gebirge Judäas.

Kein Wunder - bei einem solchen Wunder!

Aber was ist jetzt eigentlich genau das Wunder?

Das Kind? Die Schwangerschaft und Geburt trotz des hohen Alters?

Das Eingreifen Gottes in die vermeintlichen Gesetze unserer Natur?

Oder ist das eigentliche Wunder nicht vielleicht die Erkenntnis von Zacharias, dass Gott in unserem Leben lebendig ist? Dass wir mit ihm rechnen müssen - auch dann, wenn es uns besonders schwer fällt, daran zu glauben - oder es besonders fern liegt, uns darauf einzulassen?

Die Frucht dieser Erkenntnis sprudelt nur so aus Zacharias heraus:

Text lesen Lk 1, 67-79

Zacharias hat seine Sprache wieder - denn er hat wieder was zu sagen. Sein Glaube hat Gottes Geist wieder gefunden.

Und er ist damit nicht alleine.

Seine Worte sind gesammelte Zitate aus der Schrift, zitiert aus den vielen verschiedenen Büchern und Erfahrungsberichten der Menschen vor ihm. Menschen, die alle dieselbe Erfahrung gemacht haben: dass wir in unserem Leben mit Gott rechnen müssen.

Das ist es, was Zacharias seinem Sohn mit auf den Weg gibt - und das ist es, was er uns mit auf den Weg gibt:

Mit unserem Leben und unserem Reden auf den hinzuweisen, der in der Krippe geboren und am Kreuz ermordet wird. Über den zu reden, der seine Gottverlassenheit überwunden hat, obwohl Leid und Schmerz übermächtig waren.

Durch ihn unsere Sprachlosigkeit zu überwinden und mit Gott in unserem Leben zu rechnen. Egal, wann und egal, wie.

Denn sein Geist wird uns besuchen - auf den Höhen unseres Lebens genauso wie in den dunklen Tälern des Todes.

Vielleicht wird dann auch über uns die Furcht kommen - davor, wider vermeintliches Wissen zu glauben. Ohne logische Begründung zu hoffen und uns trotz aller Beschwernisse am Leben zu freuen.

Gerade dann aber lassen wir den Geist Gottes in unser Leben - gehen auf seinen Wegen. Und die führen immer ins Licht.

Amen.